Titel-Beleg Heft 163 - Arge Preussen

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Titel-Beleg Heft 163

Archiv - Titelbelege
    
    
Das Titelfoto zeigt einen Brief, der in Minden unmittelbar bei der durchfahrenden Eisenbahn aufgegeben und nach Braunschweig befördert worden ist. Diese Strecke MINDEN – BERLIN unterstand dem Eisenbahnpostamt 1 mit Sitz in Berlin. Gerichtet ist der Brief an ein „Fräulein Bertha Haacke Wohlgeboren Adresse: Herrn M. Haacke Braunschweig“. Der Absender des Briefes ist unbekannt, es handelt sich leider nur um die Hülle des Briefes, der Inhalt ist leider entnommen und/oder vernichtet worden.

Die Entfernung von Minden nach Braunschweig beträgt ca. 14 Meilen, die einfache Beförderungsgebühr hätte also für diesen Brief bis zu einem Loth Gewicht und in der zweiten Entfernungsstufe zwei Silbergroschen betragen. Der Absender hat diesen Brief aber nur mit Freimarken im Wert von 1 1/3 Sgr. versehen, er verklebte eine 1-Sgr.-Freimarke, Michel-Nr. 2, und eine 4-Pfg.-Freimarke, Michel-Nr. 5. Diese Unterfrankatur ist natürlich dem Postbediensteten im fahrenden Zug bei der Bearbeitung des Briefes aufgefallen; er entwertete die Freimarken vorschriftsgemäß mit dem Nr.-Stp. 104, Type VI, große Ziffern, vermerkte handschriftlich den Aufgabeort „Minden“ und taxierte den noch einzuziehenden Betrag in Höhe von 1 2/3 Sgr. mit blauer Tinte, obwohl doch nur 2/3 Sgr. bzw. 8 Pfennige an der Beförderungsgebühr fehlten. Bei unterfrankierten Briefen in das Postvereinsgebiet galt jedoch die Regel, dass zur normalen Beförderungsgebühr ein Silbergroschen Zuschlag erhoben wurde.

Obwohl der Brief keinen „Inhalt“ mit einer konkreten Jahresangabe aufweist, ist das Verwendungsjahr dieses Briefes eindeutig zu bestimmen. Rückseitig weist der Brief den Streckenstempel „MINDEN – BERLIN“ auf. Das Datum ist der 8.4., außerdem befindet sich dort ein Ausgabestempel mit dem Datum „9.4.“. Die Freimarke zu 4 Pfg. (1/3 Sgr.) kam im Juni 1856 an die Postschalter. Die Verwendung der Nummern-Stempel endete in der Regel am 31. März 1859. Somit kann der Brief nur aus den Jahren 1857 oder 1858 stammen. Es gibt nun jedoch ein Indiz, das auch noch das Verwendungsjahr 1857 ausschließt und der Brief eindeutig dem Jahr 1858 zuzuordnen ist. Zum 1. Januar 1858 stellte Braunschweig die Währung um, bis dahin galt für Braunschweig: 1 Thaler = 24 gute Groschen, ein guter Groschen = 12 gute Pfennige. Nun galt: 1 Thaler = 30 neue Silbergroschen, 1 neuer Sgr. = 10 neue Pfennige.

Die von der Empfängerin einzuziehenden 1 2/3 preußischen Silbergroschen (1 Sgr. und 8 Pfennige) mussten in braunschweigische Währung umgerechnet werden. Dabei entsprachen ab dem 1.1.1858 zwölf preußische Pfennige zehn braunschweigischen. Dementsprechend waren 8 preußische Pfennige in 7 braunschweigische Pfennige umzuwandeln. Die noch einzuziehende Gesamtgebühr in Braunschweig betrug nunmehr einen neuen Silbergroschen und sieben neue Pfennige, siehe auch die relativ große rote Austaxierung in der Mitte des Beleges. Somit dürfte auch das Verwendungsjahr 1858 als gesichert angesehen werden.
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